Stadt, Land, Wein.. in Südamerika

Wien besitzt mit rund 680 Hektar den größten Anteil an innerstädtischen Rebflächen weltweit. Zusätzlich besticht das Weinland Österreich natürlich mit kurzen Distanzen von und zur Hauptstadt und allerhand Programm rund um Wein und Genuss. Als Wahlwienerinnen sind wir diesbezüglich also ziemlich verwöhnt. Selbstredend, dass wir auch auf unserer Reise durch Südamerika stets auf der Suche nach einzigartigen Plätzen und genussvollen Erlebnissen in Stadtnähe sind. Dabei fallen uns zwei Länder, die Stadt, Land und Wein auf spannende Art und Weise vereinen, besonders auf. „Wien, Wien, nicht nur du allein!“ ist unsere glückliche Erkenntis – denn neben unserer schönen Heimathauptstadt bieten zum Beispiel auch Montevideo in Uruguay und Santiago in Chile Weinbaugebiete in Ausflugsnähe. Two Drink unterwegs als Wein-Touris:

Uruguay – Montevideo – Canelones

Uruguay, ein vergleichweise spätstartendes und sehr kleines Weinbauland in Südamerika, hat seine fünf Weinbaugebiete erst 1992 aufgeteilt. Der Großteil der ca. 11.000 Hektar ist westlich der Hauptstadt Montevideo in den Distrikten Canelones, San José und Montevideo zu finden. Kurz im Vergleich: unser kleines Weinbauland Österreich ist mit rund 45.000 Hektar weit größer. Aufgrund der Küstennähe werden die Weingärten von angenehmen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht verwöhnt was eine langsame Reifung begünstigt.  Mit einem Anteil von 30 % an der gesamten Rebfläche ist Tannat die mit Abstand wichtigste Rebsorte des Landes.

Die „Sudamérica“ Promenade ist ein beliebter Treffpunkt der Urugayer

Obwohl viele Weingüter nur 45 Minuten von der Hauptstadt entfernt sind, ist man doch vom Auto abhängig. Wir haben zwar keines, aber dafür das Glück Veronica und Diego von Winemeup kennen zu lernen – ein Start Up Unternehmen, das verschiedene Dienste rund um Wein- und Genusstourismus anbietet – individuell oder eben als Tour von der Hauptstadt aus. Ein Blick auf die Webseite von Winemeup lohnt sich also auch für die mobilen Touristen unter euch. Man findet dort Informationen zu Weingütern und Restaurants, kann Verkostungen planen, Erfahrungsberichte von anderen Touristen lesen und auch selbst seine Meinung teilen. Durch das Engagement der Beiden werden auch kleinere Betriebe gefördert und kommen aufs Radar der – bis jetzt – vor allem brasilianischen Touristen.

Wir dürfen noch vor der offiziellen Veröffentlichung der App und Webseite einen Testlauf mit Winemeup machen. Gemeinsam mit Veronica und Diego besuchen wir Juanicó, ein Weingut, das mit 290 Hektar zu den großen Weingütern gehört und uns einen guten Überblick über das weintouristische Service von Winemeup gibt. Wir werden vom Hostel abgeholt und kommen nach 40 Minuten Autofahrt beim idyllisch gelegenem Weingut an. Ein motivierter Önologiestudent nimmt uns in Empfang und erzählt über die Familiengeschichte des Weingutes. Wir sind eine Gruppe von acht Leuten und alle werden genau dort abgeholt, wo sie mit ihrem Weinwissen stehen. Der kleine Spaziergang durch den naheliegenden Weingarten zeigt zwar nur den Winterschnitt von Tannat, dieser wird jedoch von der wärmenden Sonne beleuchtet und wirkt deshalb trotzdem beeindruckend. Nach der anschließenden Tour durch den Wein- und Fasskeller ist der Tisch im gemütlichem Verkostungsraum schon für die Verkostung gedeckt. Pro Wein wird ein kleines Häppchen als Begleitung verkostet. Interessant ist, wie gut Tannat zur Salami passt. Der typischerweise vor Tannin strotzende Rotwein wird durch die fettreiche Salami süßer und zugänglicher. Ein „Kost-Must“ wenn man vor Ort ist! An dem gemütlichen Ort werden wir direkt verzaubert und wollen gar nicht mehr zurück ins Backpacker-Leben, wo Genüsse wie der – von uns in der hauseigenen Vinothek ausgewählte – Don Pascual Tannat 2004 nicht gerade zur täglichen Verpflegung zählen. Gut, dass Tannat reich an Polyphenolen ist, was zu einer guten und stabilen Alterung beiträgt. Der 2004er hätte zwar bestimmt noch einige Jahre überlebt, aber auch im heutigen Alter von 12 Jahren strahlt er schon eine schöne Balance zwischen Reife und Jugend aus. Cremiges Mundgefühl, fruchtig und doch eine fordernde Würze und Säure, die jeden Schluck zum Erlebnis machen. Was für ein schöner Ausklang!

Strahlende Wintersonne im Weingarten
Am Weingut Juanicó ist allein der Besuch des Verkostungsraumes eine Reise wert..

 

Chile – Valparaíso – Casablanca Valley

Mit 115.000 Hektar ist Chile hinter Argentinien das zweitgrößte Weinbaugebiet Südamerikas. Im Gegenteil zur argentinischen Hauptstadt Buenos Aires erreicht man von Santiago aus jedoch einige Weinbaugebiete problemlos. Auch hier gehen Touranbieter auf die Nachfrage nach Genussreisen ein. Demzufolge sprießen in Santiago und dem naheliegenden Valparaíso die Wein- und Biertouren nur so aus dem Boden. Wenn man sich die Aufteilung der insgesamt elf Weinbaugebiete Chiles ansieht, sieht man, dass mindestens drei davon in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt liegen. Maipo Valley ist gemeinsam mit Colchagua Valley wohl das traditionsreichste und bekannteste Gebiet und liegt quasi direkt neben der Stadt. Casablanca Valley, das durch die begünstigte Lage seit seiner Erschließung Anfang der 80er Jahre vom Tourismus profitiert, und San Antonio Valley, das sich überhaupt erst seit 2002 so nennen darf, empfangen ebenfalls Touristen aus Santiago und Valparaíso. Die zwei letztgenannten sind durch ihre – im Vergleich – kühle Lage eher für Weißwein bekannt.

Mit rund 5 Millionen Einwohner darf sich Santiago de Chile eine Großstadt nennen

Für individuelle Recherche und Organisation haben wir dieses Mal nicht viel Zeit und so entscheiden wir uns für eine organisierte Tour eines Anbieters, der verspricht „grüner, lokaler und lustiger“ zu sein als die anderen. Unter dem Namen La Bicicleta Verde werden Verkostungsausflüge von Santiago und Valparaíso aus angeboten, bei denen man sich so richtig mittendrin statt nur dabei fühlen soll. Die Gründer Joel Martínez und Peter Lewis freuen sich seit der Unternehmensgründung im Jahr 2007 über regen Zuspruch, sodass die Touren – Sommer wie Winter – täglich gebucht werden. Das weintouristische Angebot trifft hier offensichtlich den Puls der Zeit.

Die „Casablanca Bike + Wine“- Tour bringt uns gemeinsam mit sechs weiteren jungen Weinbegeisterten aus Australien und Neuseeland zum Tourstart, dem chilenischen Pinot Noir-Pionier Kingston Family Vineyards. Wir haben wieder Wetterglück und die Wintersonne bringt uns sogar etwas zum Schwitzen. Oder ist es doch das Sporteln? Ob so oder so, es hält uns nicht ab vom Genießen. Die Regenfälle der letzten Wochen hinterließen das Gebiet in sattem Grün, was jetzt einem Naturspektakel gleichkommt und so eine ganz andere Winterlandschaft darstellt, als wir sie gewohnt sind. In einem Gebiet, das hauptsächlich für seinen Sauvignon Blanc und Chardonnay bekannt ist und dem nicht zugetraut wurde Rotweine produzieren zu können, sorgten die Kingstons für Aufsehen als sie 1998 auf Pinot Noir und Syrah setzten. Noch heute ist das Weingut bekannt für Pinot Noir, mittlerweile leitet die fünfte Generation die Geschäfte. Auf einer wunderschönen Terrasse mit Ausblick auf die weichen, grünen Hügel von Casablanca werden wir nach der Tour mit einer Weinverkostung belohnt und bekommen Käse und Snacks gereicht. Bei so einem Setting schmecken die Weine gleich noch besser, der Pinot Noir ist dann auch unser Highlight. Nach der Verkostung ist bekanntlich vor der Verkostung. Wir nutzen die Gunst der Stunde in Casablanca zu sein und besuchen noch das naheliegende Nachbar-Weingut Casas del Bosque. Wie gut, dass alles so nah beieinander liegt!

Mal zur Stärkung zwischendurch ein Gläschen Sauvignon Blanc – und gleich die Einführung : „Wie verkostet man richtig.“
Zum Schluss gibts den Rotwein. Brav am Verkosten wo doch die Aussich auch so schön wäre!

Stadt und Weinland – Wien und Wachau – Valparaíso und Casablanca – Montevideo und Canelones. Informieren lohnt sich jedenfalls, denn nahe, ruhige Weinregionen bilden oft angenehme Kontraste zum aufregenden, vibrierenden Stadtleben. Egal wie und wo, Genuss und Spaß sollen im Mittelpunkt stehen. Unvergessliche Momente sind auf jeden Fall garantiert! Und was ist eure Lieblings-Stadt-Land-Wein-Destination?

Kostnotizen


Juanicó – Uruguay

Don Pascual Reserve
Marselán 2015
Cabernet Sauvignon, Grenache
Zwetschkenkompott, Pfeffer und Rose in der Nase
Rotfruchtig am Gaumen mit weichen Tanninen und einer erfrischenden Säure

Don Pascual Crianza
Tannat 2015
intensive Nase mit Soyasauce und dunkler Kirsche, leicht erdige Anklänge
Gut ausbalancierter Körper mit würzigen Tanninen und gut eingebauter Säure, dunkle Frucht und scharfe Würze welche lange am Gaumen bleibt

Don Pascual Roble
Tannat 2004
Dunkle Beeren, leicht lehmig und rauchig, erinnert an Zigarre
Weicher Körper, cremigen und dunklefruchtigen am Anfang, hohe Säure und speichelanregende Würze, die Tannine sind gut eingebunden und bleiben angenehm würzig am Gaumen

Kingston Family Vineyards – Chile

Cariblanco 2015
Sauvignon Blanc
typische Nase nach Paprika, Litschi und grünen Apfel
auch am Gaumen die grüne Paprika und Apfel, hohe Säure macht den Wein sehr süffig, guter Trinkwein

Tobiano Pinot Noir 2010
in der Nase rote Frucht und süße Brombeere
Auch am Gaumen bleibt er sehr fruchtig, leichtes Holz, Erinnerung an Lagerfeuer, weiche Tannine und saftige Säure machen einen sehr eleganten Wein der leicht würzig im Abgang doch ernster zu nehmen ist wie der erste Eindruck scheint

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